Dev Diary #5 – Januar-Februar 2019

Hallo Leute,

Spielfilme ohne Stimmen und Geräuschkulisse sind undenkbar – das gilt natürlich auch für Computerspiele. Beides hat bisher in The Guild 3 gefehlt und das wird sich nun ändern!
In diesem ‚Developer Diary‘ möchten wir euch einen Einblick in das geben, was wir in letzter Zeit alles unternommen haben, um das Spiel mit Sprachausgabe und einer passenden Geräuschkulisse auszustatten.

Sprachausgabe

Im Fachjargon nennen wir Sprachausgabe ‚Voice Overs‘ oder ‘Voice Output’ – oder kurz: VOs. VOs sind in Off-Stimmen und On-Stimmen bzw. Charakter-Stimmen unterteilt. Wenn ihr einen Charakter sprechen hört, weil ihr in angeklickt habt oder er jemandem ein Kompliment macht, dann ist das eine On- bzw. Charakter-Stimme. Hört ihr aber eine Stimme, die nicht von einem Charakter stammt und die etwas zu einem Ereignis oder einer eingehenden Nachricht erzählt, dann ist das meist die Off-Stimme – deswegen nennt man die Off-Stimme auch Erzähler-Stimme (Englisch: Narrator).

Es gibt eine Anzahl renommierter Studios, die sich auf Sprachausgabe für Computerspiele spezialisiert haben. Für die deutschen Sprachaufnahmen haben wir uns für ‚4-real‘ (http://4-real.de) entschieden und für die englischen Sprachaufnahmen haben wir ‚Pit Stop‘ (www.pitstopproductions.co.uk) gewählt. Doch bevor wir ins Studio gehen konnten, mussten zuerst einmal die Vorarbeit erledigt werden.

Das A und O bei Sprachaufnahmen sind die Definition der einzelnen Rollen für die Sprecher und im Anschluss dann die Auswahl der Sprecher – selbstverständlich müssen vorher alle Texte final sein. In The Guild 3 haben wir den Erzähler, jeweils 3 männliche und weibliche Stimmen und eine Kinderstimme. Das Besondere bei unserem Spiel ist jedoch, dass jeder Sprecher/in nicht eine eigenständige Rolle übernimmt, sondern alle Sprecher gleich mehrere Rollen einsprechen müssen. Denn bei uns kann jeder Charakter alles tun bzw. sein: ein Kompliment machen oder jemanden beleidigen, ein rechtschaffener Handwerker oder ein finsterer Dieb sein oder den Vorsitz bei Gericht innehaben. Mit Ausnahme des Erzählers und der Kinderstimme mussten also alle Sprecher bei den Aufnahmen über ein Dutzend verschiedener Rollen einsprechen, ohne dabei ihre Stimme zu sehr zu verändern.

Vor den Sprachaufnahmen müssen die sogenannten Scripts für jeden Sprecher erstellt werden. Darauf stehen alle Texte, die er bzw. sie einsprechen soll, nebst dem Namen des ‚Takes‘ und einer eindeutigen Anleitung, wie die Stimme klingen muss. Ein gutes Beispiel ist das Take mit dem Namen ‚$Cutscenes.Reputation.Renovating‘, welcher für eine Beleidigung verwendet wird und entsprechend sarkastisch klingen soll. Der Text ist: „Ich hörte, die Kirche hier solle renoviert werden. Vielleicht solltet Ihr gleich mal zu den Steinmetzen gehen – sie suchen gewiss noch Modelle für Dämonenfratzen!“.

Sobald alles abgestimmt ist und die Sprecher ausgesucht und gebucht sind, geht es schließlich ins Studio. Zu Zeiten von Gilde 1 und Gilde 2 war immer jemand aus dem Team vor Ort im Studio und hatte die Sprachaufnahmen persönlich begleitet. Heutzutage gibt es sehr gute Software, mit der man sich in eine Aufnahme-‚Session‘ einwählen kann – und ich spreche hier nicht von Skype oder ähnlichen Tools 🙂

Eine Session läuft in etwa so ab: Der Sprecher betritt einen schallisolierten Raum im Studio, in dem sich ein Mikrofon und ein Monitor befinden. Auf dem Monitor sieht er bzw. sie den Text, welcher gesprochen werden muss, nebst der Anweisung für die Betonung. Über einen Kopfhörer kann er bzw. sie Anweisungen vom Aufnahmeleiter und dem Teammitglied bekommen, welches sich in die Session eingewählt hat, wobei die Software verhindert, dass diese Anweisungen mit aufgenommen werden. Der Aufnahmeleiter markiert bzw. schneidet noch während der Aufnahme die einzelnen Takes und benennt sie wie im Script vorgegeben. Wenn ein Take wiederholt werden muss, weil sich der Sprecher z.B. versprochen hat oder die Betonung nicht wie gewünscht war, dann wird die Aufnahme des Takes wiederholt. Nach den Aufnahmen dauert es meist noch einige Tage, bis das Studio mit der Nachbearbeitung der einzelnen Takes fertig ist. Manchmal muss das Studio ein paar Takes nachträglich bearbeiten und im schlimmsten Fall sogar neu einsprechen, aber das war bei uns zum Glück nicht notwendig.

Wir haben alle Takes in der letzten Januar-Hälfte bekommen und umgehend mit dem Einbau begonnen. Zuerst wurden die „Klick-Kommentare“ eingebaut – jeder Charakter im Spiel gibt einen kurzen Kommentar ab, wenn ihr ihn anklickt. Eigene Charaktere geben zusätzlich einen Kommentar ab, wenn ihr ihnen einen Auftrag gebt. Danach ging es daran, die ersten Konversationen zu vertonen. Ihr werdet zuerst einmal Komplimente hören, wenn ein Charakter einem anderen Charakter ein Kompliment macht. Auch mit den Cutscenes haben wir angefangen – jetzt sagt der Priester etwas, wenn ihr ein Waisenkind adoptieren wollt oder wenn ihr heiratet. Auch der Erzähler kommt nun zu Wort und spricht die ersten Nachrichten. Außerdem haben noch die Intros für die Szenariokarten… upps, nicht zu viel verraten.

Geräuschkulisse

Auch für Geräusche gibt es einen Fachausdruck: SFX (Sound Effect, nicht zu verwechseln mit Special Effect). Die SFX in The Guild 3 sind unterteilt in UI-Effekte (z.B. Geräusch beim Klick auf einen Button), Trigger-Effekte (ein Haus fängt Feuer und ‚triggert‘ den entsprechenden Sound), Animations-SFX (ein Charakter führt die ‚Gehen‘ Animation aus und die Animation startet den entsprechenden Sound), Charakter-SFX (Gemurmel, Husten, etc.; das schließt auch das Muhen von Kühen und das Gackern von Hühnern ein 😉 ) und Sound-Sphären (Ambiente Geräusche in den Szenariokarten).

In The Guild 3 funktioniert das grundsätzlich so: in einem Skript wird ein Sound-Eintrag erstellt und diesem wird eine eindeutige ID (Identifikationsnummer) zugewiesen. Dann werden verschiedene SFX Sounds aufgelistet, die zur selben Soundkulisse – bspw. Marktplatzgeräusche – gehören. Wenn im Spiel ein Geräusch abgespielt werden soll, wird ein Sound aus dieser Liste zufällig ausgesucht und abgespielt.

Bei SFX von Charakteren und Tieren können die Designer zusätzlich angeben, wie weit der Sound um den Charakter bzw. das Tier zu hören sein soll und wie oft er abgespielt wird. So fiepen Ratten sehr oft, dafür kann man sie nur hören, wenn man nahe dran ist. Pferde wiehern ab und an, während Hühner ständig gackern. Und manchmal hört man Passanten husten oder murmeln – gerade hier werden wir noch mehr machen.

Die Geräusche bei der Gehen-Animation haben wir schon angedeutet. Aber hierunter fallen auch Animationen, die von Objekten abgespielt werden. Das Lagerfeuer beim Räuberlager ist ein gutes Beispiel. Oder die sich drehenden Flügel der Windmühle.

Sound-Sphären sind Kugeln, die wir mit unserem Szenario-Editor in den Karten platzieren. Wenn ihr euch mit der Kamera in einer dieser Kugeln befindet, dann wird ein Sound abgespielt. Ein Beispiel ist eine Sound-Sphäre, welche einen ganzen Wald umschließt und Waldgeräusche beinhaltet. Für Sound-Sphären gibt es die Einstellungen: Tag, Nacht, Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Regen und Schnee. Diese können in beliebiger Kombination eingestellt werden, damit der Map-Designer z.B. Wolfsgeheul setzen kann, welches bei Nacht zu allen vier Jahreszeiten, jedoch nicht am Tag und bei Regen und Schnee abgespielt wird. Dazu kann er den minimalen und den maximalen Radius der Sphäre bestimmen und auch den Intervall, mit dem die Sphäre die Sounds abspielen soll. Die Lautstärke wird durch die Sphäre selbst bestimmt. Wenn ihr euch am Rand befindet, dann ist der Sound sehr leise, während er laut zu hören ist, wenn ihr euch im Zentrum befindet.

Das ist nur ein grober Umriss von dem, was alles mit Sprachaufnahmen, Sprachausgabe und Sounds zusammenhängt. Aber wir hoffen dennoch, dass ihr einen guten Eindruck bekommen konntet. Wir freuen uns jedenfalls sehr darauf, euch mit dem kommenden Patch die ersten Ergebnisse unserer Arbeit an den VOs und den SFX zu präsentieren. Wir werden selbstverständlich noch weiter daran arbeiten und in der kommenden Zeit noch mehr Takes und noch mehr SFX einbauen.

Bis dahin,

Purple Lamp Studios

PS: Wir sind uns ziemlich sicher, dass einigen von euch eine Frage ganz besonders auf dem Herzen liegt: Wird der dritte Teil der Gilde-Serie wieder die selbe Erzählerstimme, also von Aart Veder haben? Findet es heraus 😉